Wenn die Bilder immer wiederkommen – nach der Messerattacke in Brokstedt
Über einen Monat ist die tödliche Messer-Attacke in einem Zug bei Brokstedt jetzt her. Aber für viele sind die Ereignisse längst nicht vorbei. „Betroffene leiden unter Angstzuständen und Panikattacken, fühlen sich in ihrem Sicherheitsgefühl erschüttert oder haben Angst, wieder in einen Zug zu steigen“, berichtet Sascha Niemann vom Wendepunkt e.V. Der Diplom-Pädagoge und Traumatherapeut unterstützt gemeinsam mit dem Team der Trauma-Ambulanz Westholstein Jugendliche, die an dem Tag mit im Zug saßen, Schüler*innen, die die Todesopfer kannten, Angehörige sowie Lehrkräfte, die Hilfe im Umgang mit Trauer und Schock in ihren Klassen suchen. „Es ist wichtig, über die Ereignisse und die eigenen Gefühle zu reden. Beruhigungs- und Entspannungsübungen können helfen. Wenn Schock-Symptome nicht verschwinden, es immer wiederkehrende Bilder oder auch Schlafstörungen gibt, sollten sich die Betroffenen Hilfe holen. Umso früher, umso besser – ansonsten könnte sich eine posttraumatische Belastungsstörung entwickeln.“
Bereits am Tag nach der Tat war Sascha Niemann mit seinen Kolleg*innen der Interdisziplinären Trauma-Ambulanz Westholstein an der Gemeinschaftsschule Kellinghusen, um mit Jugendlichen und Lehrkräften ins Gespräch zu kommen. Dort ging eines der Todesopfer früher zu Schule.
„Die meisten der Jugendlichen, mit denen ich seitdem gesprochen habe, waren in einem Schockzustand. Einige waren in Tränen aufgelöst, andere wie erstarrt und scheinbar emotionslos. Manche Jugendliche ziehen sich zurück oder meiden bestimmte Orte. Mit einem Jugendlichen bin ich gemeinsam zum Bahnhof gegangen – wir haben dann Übungen gemacht, um mit seinen Ängsten zu arbeiten“, berichtet Niemann.
Die Interdisziplinäre Trauma-Ambulanz Westholstein bietet jetzt in Brokstedt eine kostenlose Offene Sprechstunde an, für alle, die Unterstützung bei der Verarbeitung der tragischen Ereignisse brauchen oder einfach reden wollen über ihr Ängste, Trauer, Gefühle. Dienstags 09:00 bis 11:00 Uhr (nach Möglichkeit Krankenkassen-Karte mitführen) und 17:00 Uhr bis 19:00 Uhr. Dörnbek 7, 24616 Brokstedt neben der Feuerwehr.
Die Interdisziplinäre Trauma-Ambulanz Westholstein ist eine Kooperation zwischen dem Wendepunkt e.V. und den Regio Kliniken Elmshorn und bietet seit 2020 im Kreis Steinburg eine umfangreiche Versorgung für hochbelastete und traumatisierte Kinder, Jugendliche und ihre Familien an. Ein Teil der Arbeit wird finanziert durch das Jugendamt Kreis Steinburg finanziert.