Kunstpädagogik

als Unterstützungsmaßnahme/ Intervention für 
Kinder und Jugendliche in besonderen Lebenslagen

Wenn Kinder und Jugendliche hochbelastende Erfahrungen machen mussten, dann macht sie dies nicht selten sprachlos – sie ziehen sich zurück, kapseln sich ab oder reagieren aggressiv auf angebotene Hilfe. Diese jungen Menschen brauchen einen Ort, an dem sie Unterstützung im Umgang mit ihren Gedanken, Gefühlen und Eindrücken finden. Genau hier kann die Kunstpädagogik helfen. Sie bietet durch ihren nonverbalen Zugang die Möglichkeit, Unaussprechliches zu kommunizieren, und eine Brücke über die Sprachlosigkeit hinweg zu bauen. Mit dem Kreis Pinneberg haben wir eine Leistungsvereinbarung getroffen, nach der die Kunstpädagogik zu einem eigenständigen Angebot wird und als unterstützende Maßnahme im Rahmen der Familienhilfe eingesetzt werden kann. In unseren zentral in Elmshorn gelegenen Räumlichkeiten verfügen wir über ein gut ausgestattetes Malatelier in dem wir unser kunstpädagogisches Angebot durchführen.

Das Team

Kreativität öffnet Räume

Kunstpädagogik ist ein Verfahren, in dem der künstlerisch-kreative Prozess, also das gestalterische Tun, als zentrale Ausdrucks- und Kommunikationsform genutzt wird. Die nonverbale Interaktion steht dabei im Vordergrund dieser Methode und erleichtert besonders problembelasteten Kindern und Jugendlichen Zugang zu Schwierigkeiten und Problemen. Bei Kindern und Jugendlichen aus Flüchtlings- und Migrationsfamilien verhindern oft zusätzliche Sprachbarrieren den Zugang – auch hier können im Rahmen der Kunstpädagogik neue, zugänglichere Formen des Ausdrucks gefunden werden.

Die kreative Arbeit bietet den Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit, sich spielerisch mit ihren Gefühlen auseinanderzusetzen, Neues zu erleben und Erfolgserlebnisse zu haben.

In der kreativen Arbeit können Themen sichtbar werden, die im gemeinsamen und vertrauensvollen Setting betrachtet werden können. Die Kunstpädagogik ermöglicht, spielerisch neue Standpunkte und Blickwinkel auszuprobieren und sich so von alten Verhaltensmustern zu befreien. Die Kinder und Jugendlichen erleben sich durch die sinnliche, gestalterische Arbeit als aktiv. Sie lernen symbolisch, neue Wege zu öffnen, die zu einer Verbesserung des Selbstwertgefühls und einer stärkeren Beziehungsfähigkeit führen. Erfahrene Ohnmacht und Handlungsunfähigkeit, Wut und Aggression, Trauer und Schmerz können durch positives Erleben eigener Ressourcen ersetzt werden. Das Selbstwert-Erleben sowie die Erfahrung von Selbstwirksamkeit verbessern sich. Besonders in der Arbeit mit traumabelasteten Kindern und Jugendlichen empfiehlt sich ein nonverbales Angebot, da es für diese oft sehr schwer bis unmöglich ist, diesbezüglich einen verbalen Zugang zu eigenen Erinnerungen, Gefühlen und Ressourcen zu finden.

Die methodische Grundlage bilden das Repertoire kunsttherapeutisch/-pädagogischer Verfahren und Techniken (hierzu zählen malerische oder zeichnerische Medien, plastisch-skulpturale Gestaltung oder fotografische Instrumente) sowie traumapädagogische Methoden. Im Umgang mit verschieden künstlerischen Techniken können die Kinder und Jugendlichen Bekanntes wiederholen und spielerisch Neues erproben. Mit Freude am Gestalten werden die eigenen künstlerischen Kompetenzen gefördert und fein- und sensomotorische Fähigkeiten ausgebaut. In der gemeinsamen Arbeit können Konzentrationsfähigkeit und Frustrationstoleranz erweitert werden.

„Wenn Worte fehlen, sprechen Bilder“
—Gertraut Schottenloher

Ein Beispiel, wie Kunstpädagogik wirksam sein kann, ist die Geschichte von Maiwand. Der 10jährige Maiwand hatte ständig Angst – vor dem Alleinsein, vor der Dunkelheit und vor großen Männern – vor allem mit Bärten. Nachts litt er unter Albträumen, konnte kaum schlafen, und tagsüber hatte er oft unvermittelte Wutausbrüche. Während der ersten Diagnosegespräche in unserem Traumazentrum wurde schnell klar, dass der kleine Junge in seinem kurzen Leben schon einiges hat durchmachen müssen. Maiwand wurde in seinem Heimatland von den Taliban entführt und mehrere Tage gefangen gehalten. Nach seiner Freilassung ist seine Mutter mit ihm und seinen vier Geschwistern geflohen. Eine lange Irrfahrt quer durch Europa begann, über Russland bis nach Norwegen, bis die Familie schließlich in Deutschland, in Elmshorn, ein vorläufiges Zuhause fand.

Maiwand geht es inzwischen viel besser. Nach der Diagnose und ersten Stabilisierung durch unsere Traumapädagog*innen erhielt er zusätzlich noch das kunstpädagogische Angebot bei Sophie Firle über das Jugendamt. Die gemeinsame Arbeit half Maiwand, sich auch jenseits der Sprachgrenze auszudrücken und sich mit seiner Identität und seinen Ressourcen auseinanderzusetzen. Auch wenn Maiwand noch gelegentlich an die Entführung denkt, weiß er jetzt, dass diese in der Vergangenheit liegt. Seine Schlafstörungen und Albträume sind zurückgegangen und Maiwand ist mittlerweile sehr selbstständig geworden. Zum Abschied hat Maiwand einen Brief geschrieben. „Tausend Dank für die Mühe, die du mir gegeben hast“ steht da. „Ich habe keine schlechten Träume mehr. Danke für diese tolle Zeit – ich werde das niemals vergessen!“

Kunstpädagogik als Hilfe zur Erziehung gem. §27 SGB VIII i.V. mit §§ 30, 31, 35 und 35 a SGB VIII

Kunstpädagogik stellt einen methodischen Ansatz im Rahmen der Familien- und Erziehungshilfen dar. Die vereinbarten Ziele werden in Hilfeplangesprächen (i.d.R. halbjährlich) kontinuierlich überprüft und individuell angepasst.
Das Angebot kann im Rahmen eines Hilfeplanverfahrens durch den öffentlichen Träger der Jugendhilfe verfügt werden. Die Indikation für ein solches Angebot wird dann bereits zu Beginn der Hilfe im Hilfeplangespräch gestellt.
Alternativ kann es sich im Zuge einer laufenden Hilfe herausstellen, dass ein entsprechendes Angebot sinnvoll und indiziert ist. Nach Rücksprache mit der für die Hilfe zuständigen Fachkraft im Jugendamt kann es dann als Teil der bereits verfügten Jugendhilfeleistung erbracht oder auch für die Dauer der Intervention zusätzlich verfügt werden.

Kunstpädagogisches Arbeiten 
Nicht nur in der Einzelintervention nutzen wir die besondere Weise der Kunstpädagogik. Auch in unseren Gruppenangeboten des Traumazentrums oder in (Freizeit-)Aktionen für die Kinder und Jugendlichen der Erziehungshilfen setzten wir die kunstpädagogischen Methoden unterstützend mit ein.

Kontakt

Tel. 04121 7 47573-0

info@wendepunkt-ev.de

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