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Unser Tätigkeitsbericht für 2021

Im vergangenen Jahr haben sich mehr als 1200 hilfesuchend an den Wendepunkt gewandt – in fast allen Bereichen haben uns mehr Hilfe- und Beratungsanfragen erreicht als im Vorjahr.

Einen besonderen Zuwachs gab es in unserem Arbeitsbereich Traumazentrum und Beratung. Wir führen das zum einen darauf zurück, dass durch Lockdown, Beschränkungen und Schließungen Fälle zeitverzögert bei uns gelandet sind und wir hier noch die Folgen des ersten Corona-Jahres sehen. Zum anderen haben uns die Erfahrungen aus 2020 klar vor Augen geführt, wie sehr diese Maßnahmen Kinder, Jugendliche und ganze Familiensysteme belasten, was zu einer Zunahme an Beratungsanfragen führt.

Die Zahlen von Gewalt und sexueller Gewalt gegen Kinder und Jugendliche sind nach wie vor erschreckend hoch. Im vergangenen Jahr hat nach Angaben der Kriminalstatistik bundesweit die sexualisierte Gewalt an Kindern um 6,3 % zugenommen – das spiegelt sich auch in unserer Arbeit wider.

Glücklicherweise konnten wir durch die endlich gesicherte Finanzierung der Interdisziplinären Trauma Ambulanz Westholstein unsere Arbeit intensivieren und die Kooperation mit den Regio Kliniken ausbauen, worüber wir uns sehr freuen. „Wir sind dankbar, dass es uns gelungen ist, niemanden abweisen zu müssen, der sich hilfesuchend an uns gewandt hat. Und wir konnten in dringenden Fällen nach wie vor sehr schnell helfen und sind auch bei den anderen Fällen unter einer Wartezeit von vier Wochen geblieben. Das war angesichts der zahlreichen Auflagen und Erschwernisse eine große Herausforderung“, betont Sascha Niemann, Leiter des Fachbereichs Traumazentrum und Beratung.

2021 konnten wir darauf aufbauen, dass wir schon im ersten Corona-Jahr neue Kommunikations- und Kontaktwege gesucht und unser digitales Angebot ausgebaut haben. So waren wir die ganze Zeit ansprechbar für alle Hilfesuchenden, konnten mit unseren Klient*innen gut in Kontakt bleiben und haben Fachkräften vielseitige Hilfestellungen bieten können.

Trotzdem hat sich in dieser Zeit wieder einiges „aufgestaut“. Kinder und Jugendliche haben den Weg nicht zu uns gefunden, weil die Bindeglieder Schulsozialarbeiter*innen, Lehrkräfte und andere pädagogische Fachkräfte als Ansprechpartner wegfielen. Familien, die durch die Schließungen im Frühjahr besonders belastet waren, sind erst nach und nach beim Jugendamt gelandet, und es hat gedauert, bis sie die benötigte Unterstützung bekommen konnten.

Nach den Öffnungen haben wir dann eine hohe Zahl von Anfragen in allen unseren Fachbereichen beobachten müssen. Viele Schulen haben sich an uns gewandt, weil das Klima in den Klassen belastet war und es in Klassenverbänden verstärkt zu Konflikten und Mobbing gekommen ist, so dass es verstärkt zu anlassbezogenen Anfragen kam, bei denen wir mit einzelnen Klassen an den bestehenden Konflikten gearbeitet haben. Nach den Schulöffnungen konnten wir dann außerdem auch wieder unsere regelhafte Präventionsarbeit aufnehmen. Auch wenn während der Schulschließungen einige Projekte bedauerlicherweise ausfallen mussten, konnten wir mehr Maßnahmen als im Vorjahr durchführen und haben damit über 3000 Schülerinnen und Schüler erreicht.

Unser Fachbereich Erziehungs- und Familienhilfen hat zeitweilig mehr Anfragen vom Jugendamt bekommen, als bearbeitet werden konnten. Auch in unserem Fachbereich Ambulante Rückfallprophylaxe, der sich an Jugendliche und junge Erwachsene richtet, die sexuell übergriffig wurden, sind die Anfragen deutlich gestiegen, so dass es hier zu längeren Wartezeiten kam als erwünscht. In diesem Bereich haben wir viel mit dem Thema Verbreitung von Missbrauchsdarstellungen und sog. kinderpornografischem Material zu tun – auch hier spiegelt sich der bundesweite Trend wider – hier kam es zu einer Verdopplung dieser Straftaten im Vergleich zum Vorjahr.

In 2021 haben wir unsere Fachstelle Schutzkonzepte weiter ausgebaut. Sie wird über einen Zeitraum von drei Jahren gefördert durch die Deutsche Fernsehlotterie. Wir unterstützen Einrichtungen dabei, individuell zugeschnittene Schutzkonzepte zu entwickeln und zu implementieren. Damit wird Kindern und Jugendlichen langfristig ein sicherer Ort zum Aufwachsen geboten und sie werden vor sexueller Gewalt und Grenzverletzungen geschützt.

Außerdem haben wir in unserem Wendepunkt Fortbildungszentrum über 200 Fort- und Weiterbildungen für Fachkräfte aus dem frühkindlichen Bildungsbereich, dem Bildungssektor, der Jugendhilfe und dem Gesundheitswesen durchgeführt – darunter auch wieder viele Online-Angebote und Webinare.

„Gerade in der Traumaarbeit ist ein gutes Netzwerk wichtig. Deshalb bieten wir viele Fortbildungen und Angebote für Fachkräfte zu diesen Themen an. Die Fachkräfte müssen erkennen, dass da ein Kind ist, das Hilfe benötigt. In diesem Bereich haben wir über die Jahre eine sehr gute Zusammenarbeit und viel gegenseitiges Vertrauen aufgebaut,“ berichtet Dirk Jacobsen, Geschäftsführer des Wendepunktes.

Foto von links: Sascha Niemann, Dirk Jacobsen

Tätigkeitsbericht 2021