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Tennis spielen gegen das Trauma

Lawn Tennisclub Elmshorn lädt 12jährigen Syrer zum Tenniscamp ein

Beim Aufschlag guckt Samer noch ganz konzentriert, doch beim anschließenden Ballwechsel hat der 12jährige ein breites Lächeln im Gesicht. „Samer hat im Tenniscamp eigentlich die ganze Zeit gelacht. Er hatte wirklich Spaß an der Sache, hat sich sofort in die Gruppe eingefügt, war immer begierig, weiterzuspielen, und hat das richtig gut gemacht“, erzählt sein Trainer Martin Hausmann-von Hunoltstein. Der 12jährige durfte kostenlos an dem einwöchigen Ferien-Tenniscamp des Lawn Tennisclubs Elmshorn (LTCE) teilnehmen.

Foto von links nach rechts:
Hans-Jürgen Hansen, Ulrich Rubehn, Frauke Schöffel, Samer, Martin Hausmann-von Hunoltstein

Samer stammt aus Syrien und lebt seit 3 Jahren in Elmshorn. Seit einiger Zeit ist er ambulant im Interdisziplinären Traumazentrum im Wendepunkt e.V. in Behandlung. Samer, seine vier Geschwister und seine Eltern haben eine lange Flucht hinter sich – über den Libanon, Ägypten, Libyen und schließlich per Boot nach Italien. Dabei ist das Boot mit der Familie an Bord wie so viele andere in Seenot geraten.

„Samer hat auf der Flucht Dinge gesehen, die ihn nicht loslassen und die ihn heute noch stark beeinflussen“, erzählt Frauke Schöffel, Dipl. Sozialarbeiterin und Traumapädagogin beim Wendepunkt. Samer hat deshalb große Schwierigkeiten, sich in der Schule zu konzentrieren und ist sehr schreckhaft. Er hat Alpträume und leidet unter großen Schlafproblemen. In seiner Behandlung im Traumazentrum geht es darum, ihm zu vermitteln, dass seine Empfindungen und Ängste völlig normal sind, und ihn gleichzeitig zu stabilisieren und zu stärken.

Als Samer eines Tages voller Stolz seiner Traumapädagogin davon berichtete, dass er bei einem Tennis-Schnuppertag auf Anhieb in dem ihm völlig unbekannten Sport den zweiten Platz belegt hat, kommt Frauke Schöffel auf die Idee, den Tennisclub anzusprechen.

„Da haben wir gleich zugesagt“, erzählt Vorstandsmitglied Hans-Jürgen Hansen. „Und das Geld für das Camp kam auch sofort zusammen – und zwar so viel, dass Samer noch bis zum Ende der Saison am Training teilnehmen kann.“ Und wenn der 12jährige weiter so viel Spaß an dem Sport hat, dann wird er auch in Zukunft beim LTCE spielen können, ergänzt der erste Vorsitzende Ulrich Rubehn.

Insgesamt 21 Kinder im Alter zwischen 6 und 15 Jahren haben an dem Tenniscamp teilgenommen, Anfänger wie Fortgeschrittene. Neben dem täglichen Training auf dem Platz hat die Gruppe auch einen Ausflug in einen Kletterpark bei Hamburg unternommen.

„Alles war toll“, erwidert Samer auf die Frage, was ihm an der Woche am besten gefallen hat. Und wieder strahlt er über das ganze Gesicht. „Ich will unbedingt weitermachen, das macht einfach Spaß. Am Anfang dachte ich nicht, dass ich so gut bin. In Syrien hatte ich keinerlei Sporttraining.“ Der Erfolg auf dem Platz tut ihm gut, erklärt Frauke Schöffel. „Hier hat er positive Erlebnisse, die sein Selbstbewusstsein stärken. Er kommt mit anderen Kindern zusammen, was die Integration fördert – und er hat einfach Freude am Sport.“