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Opfern und Nebenklägern vor Gericht helfen – der Wendepunkt bietet wieder Psychosoziale Prozessbegleitung an

Für Menschen, die Opfer von schweren Gewalttaten oder Sexualverbrechen wurden, kann der Gerichtsprozess eine große Belastung sein. Sie werden mit dem Täter, der Täterin konfrontiert, sie müssen über die schrecklichen Erfahrungen berichten – und das in einer ungewohnten, einschüchternden Umgebung. Aus diesem Grund gibt es speziell ausgebildete Prozessbegleiter*innen, die ihnen in dieser Situation zur Seite stehen. Dies betrifft vor allem Kinder und Jugendliche, Menschen mit Behinderungen und psychischen Erkrankungen sowie Verletzte von sehr schweren Straftaten – teilweise besteht ein Rechtsanspruch auf die Begleitung, in anderen Fällen muss ein entsprechender Antrag richterlich genehmigt werden.

Der Wendepunkt war von Anfang an dabei, als das Land Schleswig-Holstein die Prozessbegleitung Anfang der 90er in einem Modellprojekt ins Leben gerufen hat, und hat die Prozessbegleitung über viele Jahre durchgeführt. Wir freuen uns, dass wir nach einer dreijährigen Pause diese wichtige Unterstützung nun wieder anbieten können, und dass wir mit unserer ehemaligen Geschäftsführerin Ingrid Kohlschmitt eine hochqualifizierte und erfahrene Kraft gewinnen konnten. Die Dipl.-Pädagogin hat sich zur zertifizierten Psychosozialen Prozessbegleiterin für den Landgerichtsbezirk Itzehoe fortbilden lassen.

„Es geht darum, die Menschen auf die Situation im Prozess vorzubereiten, ihnen den Ablauf und die unterschiedlichen Aufgaben der Beteiligten zu erklären und ihnen Ängste, Unsicherheiten und Sorgen zu nehmen“, erklärt Kohlschmitt. „Während des Prozesses ist es wichtig, ihnen zur Seite zu stehen und sie in dieser belastenden Situation zu stabilisieren.“

Vor allem Kinder und Jugendliche profitieren von einer solchen Begleitung. Bei hochsensiblen oder gar beschämenden Fragen kann es für Kinder belastender sein, wenn ein Elternteil im Gerichtssaal neben ihnen sitzt – „sie wollen in aller Regel ihre eigenen Eltern davor schützen zu erfahren, was sie selbst erlebt haben“, berichtet Kohlschmitt.

Die Prozessbegleitungen unterstützen und stärken die von ihnen betreuten Zeug*innen – sie dürfen aber mit ihnen nicht über das mutmaßliche Tatgeschehen sprechen. So soll sichergestellt werden, dass sie nicht selbst in den Zeugenstand gerufen werden und damit nicht mehr ihrer eigentlichen Aufgabe nachkommen können.

„Diese Menschen haben durch die Tat oder Taten sowieso schon Beschädigendes erlebt. Ich möchte, dass sie den Prozess möglichst ohne weitere Beschädigungen überstehen – und dass sie hinterher gestärkt aus dieser Erfahrung mit neuen Perspektiven für die Zukunft rausgehen. Dass sie sich sagen können: ich habe es geschafft, ich bin aktiv geworden, bin da durchgegangen –  und ich muss nicht für immer Opfer bleiben.“

Betroffene können sich bei Bedarf an ihre Nebenklagevertretung wenden, damit ggf. ein entsprechender Antrag gestellt wird – oder auch direkt an den Wendepunkt. Die Prozessbegleitungen geben keine rechtliche Beratung und übernehmen auch keine therapeutischen Aufgaben – in diesen Fällen vermitteln sie an Fachkräfte und entsprechende Beratungsstellen.