Aktuelles

„Ich habe gelernt, dass ich Stopp! sagen darf, wenn ich Berührungen nicht will“

Theaterstück zum Thema sexueller Missbrauch für Pinneberger Schüler

Pinneberg. Die insgesamt 370 Schülerinnen und Schüler gehen bei dem Theaterstück richtig mit. Als eine der Schauspielerinnen auf der Bühne unfreiwillig abgeküsst wird, geht ein lautes „Iiiih“ durch den Raum.

„Trau dich!“ heisst die Inszenierung, bei der es um Kinderrechte, körperliche Selbstbestimmung und sexuellen Missbrauch geht – altersgerecht umgesetzt für die Dritt- bis Fünftklässler aus fünf verschiedenen Pinneberger Schulen und aufgeführt im Theatersaal des Hotels Cap Polino.

Die interaktive Theateraufführung der „Kompanie Kopfstand“ ist ein zentrales Element der bundesweiten Initiative „Trau dich!“ der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) und des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Das Stück soll die Schülerinnen und Schüler für das Thema sensibilisieren und informieren – und sie motivieren, sich im Fall eines Missbrauchs an eine Person ihres Vertrauens zu wenden.

Dafür wurde die Theateraufführung durch Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Wendepunkt e.V. begleitet. Der Wendepunkt ist Träger der für den Kreis Pinneberg zuständigen Beratungsstelle gegen den sexuellen Missbrauch und führt darüber hinaus an Schulen und Kindergärten präventive Projekte durch. „Die Kinder waren total dabei. Die Schauspieler haben Kontakt aufgenommen und die Kinder eingebunden, mit ihnen über Gefühle und Vertrauen gesprochen“, erzählt Hanne Traulsen, Dipl.-Pädagogin beim Wendepunkt.

Im Rahmen dieser Initiative hat der Wendepunkt auch eine begleitende Fortbildung für die pädagogischen Fachkräfte sowie einen Elternabend angeboten. Dabei wurden Zahlen und Fakten zum Thema sexueller Missbrauch sowie die verschiedenen Täterstrategien vorgestellt. Vor allem aber ging es um die Frage, wie man präventiv mit den Kindern über Gefühle und eigene Grenzen reden kann und wie man den Kindern Wege aufzeigt, wo sie sich Hilfe holen können. „Es gab sehr positive Rückmeldungen aus den Workshops. Wir wollen Fachkräften und Eltern Hilfestellung geben, die Kinder zu schützen. Und die Sicherheit, richtig zu reagieren, wenn doch etwas passiert ist“, erklärt Dipl.-Sozialpädagogin Dr. Jutta Wedemann vom Wendepunkt.

Die Theateraufführung in Pinneberg wurde in weiten Teilen durch die BZgA finanziert – mit zusätzlicher Unterstützung durch den Kreis Pinneberg. Die Arbeit des Wendepunktes wurde durch private Spenden ermöglicht. Dabei ist besonders die Spende von Rolf Heidenberger von „Appen musiziert“ hervorzuheben. Herr Heidenberger, der seit vielen Jahren ein wichtiger Unterstützer der Arbeit des Wendepunktes ist, hat vergangenes Jahr 10.000 Euro speziell für die präventive Arbeit gegen sexuellen Missbrauch in Pinneberg gespendet. Ein Teil davon wurde für dieses Projekt verwendet.

Dr. Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) betont: „Unsere langjährigen Erfahrungen zeigen, dass wir mit der Initiative Kinder, Eltern und Schulen erreichen – und zwar nachhaltig. `Trau dich!´ bestärkt Mädchen und Jungen darin, sich jemandem anzuvertrauen, wenn ihnen Dinge widerfahren, die sich nicht `richtig´ anfühlen und Ängste hervorrufen. Da Kinder in solchen Situationen aber nicht alleine gelassen werden dürfen, binden wir Eltern und Lehrkräfte aktiv über Elternabende, Fortbildungen und Infomaterial ein. Denn sie tragen die Verantwortung, Kinder über sexualisierte Gewalt aufzuklären und sie davor zu schützen.“

Foto (Wendepunkt) von links nach rechts:
Sophia Vogt (Wendepunkt), Schulrat Dirk Janssen, Jutta Wedemann, Dirk Jacobsen und
Hanne Traulsen vom Wendepunkt mit Anne Schmidt von der Initiative „Trau dich!“