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Fachstelle Schutzkonzepte des Wendepunkt e.V. stellt dreijährige Projektarbeit vor

„Wenn alle Einrichtungen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, sich mit einem individuellen Schutzkonzept auseinandersetzen, wenn sie sensibel sind für dieses Thema, dann ist viel erreicht. Das ist eine der sinnvollsten präventiven Maßnahmen, um Kinder und Jugendliche vor Gewalt und Übergriffen zu schützen,“ betont Dirk Jacobsen, Geschäftsführer des Wendepunkt e.V.

Schutzkonzepte in Kitas, Schulen, der offenen Jugendarbeit oder auch Vereinen sollen helfen, grenzüberschreitende Situationen zu vermeiden und klare Werte und Verhaltensrichtlinien aufzustellen, um sie so zu sicheren Orten zu machen. Denn spätestens seit Bekanntwerden der Missbrauchsfälle an der Odenwaldschule und anderen Einrichtungen ist klar: auch in Einrichtungen kann es zu (sexuellen) Übergriffen kommen. Laut WHO ist davon auszugehen, dass in Deutschland in jeder Schulklasse ein bis zwei Kinder schon mal sexuelle Gewalt erfahren haben oder noch erleben.

Der Wendepunkt e.V. hat dank einer Förderung durch die Deutsche Fernsehlotterie vor drei Jahren damit begonnen, eine Fachstelle Schutzkonzepte aufzubauen. In diesem Rahmen wurden 10 Leuchtturmprojekte – von Kitas über Schulen und offene Jugendarbeit bis hin zu Kinderkliniken – bei der Entwicklung eines individuellen Schutzkonzeptes begleitet. „Wir vom Wendepunkt sind oft gefragt worden, ob wir bei der Entwicklung unterstützen können. Für die Einrichtungen ist das neben ihrer täglichen Arbeit eine große Herausforderung“, erklärt Anja Wendland, Koordinatorin der Fachstelle. „Denn es geht darum, eine Haltung, eine Kultur der Achtsamkeit und Fehlerfreundlichkeit zu entwickeln, für mögliche Risiken zu sensibilisieren und die Kinder und Jugendlichen zu beteiligen. Das sind langfristige Qualitätsprozesse, die nie zu Ende sind, weil sie gelebt werden müssen.“

Neben Kooperationspartnern, Vertretern aus der Verwaltung und Politikern aus Kreis- und Landtag sind zahlreiche Mitarbeiter*innen der Leuchtturmprojekte in den Wendepunkt gekommen, die von ihren Erfahrungen und den Herausforderungen im Schutzkonzeptprozess berichten. Anja Jansen, Stadtjugendpflegerin Elmshorn, die den Prozess in mehreren Elmshorner Einrichtungen der offenen Jugendarbeit begleitet hat, betont, wie wichtig die Unterstützung durch den Wendepunkt war: „Der Blick von außen war essentiell und ganz wertvoll. Der Prozess und das Ergebnis wären nicht so gut, wenn wir das nicht gehabt hätten.“ Stadtrat Dirk Moritz ergänzt: „Die eigene professionelle Arbeit wird in dem Prozess auf den Prüfstand gestellt. Das kostet Zeit und Energie – ich danke alle Beteiligten ganz herzlich für ihren erfolgreichen Einsatz. Denn das sind unsere Kinder und Jugendlichen, für die wir Verantwortung tragen! Das Thema Kinderschutz wird zukünftig im gesamten Einstellungsprozess eingebunden werden.“

Neben der Begleitung der Leuchtturmprojekte hat die Fachstelle Schutzkonzepte außerdem zahlreiche Fortbildungen und insgesamt 3 Fachtage durchgeführt, aktuelle Informationen zusammengetragen und die Vernetzung in Schleswig-Holstein vorangebracht. Und ein weiteres sichtbares Ergebnis der Arbeit wird auch noch präsentiert: ein Schutzkonzept-Ordner, der mit umfangreichen Hintergrundinformationen zu den unterschiedlichen Bausteinen, Arbeitsbögen, Checklisten und Beispielen eine wertvolle Hilfe für Einrichtungen auf dem Weg zu einem Schutzkonzept ist. „Die Erfahrungen der vergangenen drei Jahre und die praktische Arbeit mit den unterschiedlichen Einrichtungen haben uns viel gelehrt, und dieses Wissen haben wir in den Ordner eingebracht“, so Anja Wendland. „Wir wollen eine Brücke bauen zwischen Wissenschaft und Praxis. Und wir werden auch in Zukunft Einrichtungen unterstützen, Fortbildungen anbieten und die Netzwerkarbeit fortsetzen, denn die Fachstelle Schutzkonzepte ist kein Projekt mehr, sondern ein fester Arbeitsbereich beim Wendepunkt e.V. geworden.“

Nach Auslaufen der Förderung durch die Deutsche Fernsehlotterie ist die Unterstützung allerdings zukünftig von den Einrichtungen zu tragen.

Die Schutzkonzeptarbeit ist eine große Aufgabe, die von möglichst Vielen getragen werden muss. Dr. Simone Pülschen von der Europa-Universität Flensburg betont, wie wichtig die Vernetzung und ein enger Austausch zwischen Wissenschaft und Praxis seien. „Es braucht Begleitung von außen und wir brauchen gleichzeitig Menschen in den Einrichtungen, die die Prozesse anstoßen und begleiten. Kinderschutz ist unsere Aufgabe – das sollte fest in die Ausbildung der Lehrkräfte integriert werden.“ Ihr Appell an den Wendepunkt – und die Politik: „Bitte macht weiter mit dieser Arbeit! Wir brauchen mehr Förderung dafür!“

Foto des Fachstellen-Teams (Anja Wendland, Dennis Blauert, Hanne Traulsen) mit Mitarbeitenden aus den begleiteten Einrichtungen aus Elmshorn (Ortsjugendpflege Rellingen, Kinder und Jugendarbeit der Stadt Elmshorn, Kinder- und Jugendhaus der AWO „Stromhaus“, Johann-Rist-Gymnasium Wedel, Frischlinge e.V. Elmshorn, Raboisenschule Elmshorn, Ev. Kindergarten Sparrieshoop), gemeinsam mit Stadtjudenpflegerin Anja Jansen und Stadtrat Dirk Moritz, Elmshorn

Foto Hanne Traulsen (Fachstelle Schutzkonzepte) und Dennis Blauert (Leiter des Fachbereichs Fortbildung) von der Fachstelle Schutzkonzepte präsentieren die wichtigsten Bausteine für ein gutes Schutzkonzept

Foto: Ingo Waschkau, Kreisjugendring Pinneberg e.V., Verena Mohnke (SPD Kreistag), Beate Raudies (SPD Landtag S-H), Ortwin Schmidt (CDU Kreistag)