Kunsttherapeutisches Projekt für Kinder mit interkulturellem Hintergrund und Fluchterfahrungen an der Grundschule Hafenstraße in Elmshorn
Sie können es kaum erwarten und strahlen über das ganze Gesicht – endlich dürfen sie ihre Schatzkisten mit nach Hause nehmen und ihren Familien zeigen! Die 10 Kinder der zweiten Jahrgangsstufe der Grundschule Hafenstraße in Elmshorn haben in den vergangenen Wochen individuelle Schatzkisten gebaut, sie bemalt und verziert, und mit den verschiedensten Kunstwerken, Schätzen und Erinnerungen gefüllt.
Die Kinder im Alter von 7 bis 8 Jahren stammen unter anderem aus Syrien, der Türkei und Kolumbien. Einige von ihnen haben belastende Erfahrungen in ihren Heimatländern oder auf der Flucht gemacht und stehen vor der Herausforderung, in dem neuen Land anzukommen und ihre Identität wiederzufinden.
Genau hier setzt das kunsttherapeutische und –pädagogische Angebot des Wendepunkt e.V. an. Die Kinder setzen sich in der gemeinsamen kreativen Arbeit mit ihren Stärken, Fähigkeiten und Wünschen auseinander. Unter Anleitung von Sophie Firle und Vincenz Schüle vom Wendepunkt basteln sie über mehrere Wochen hinweg immer in Doppelstunden individuelle Schatzkisten, die sie dann gemeinsam füllen. „Wir gehen mit den Kindern auf die Suche nach ihren eigenen Schätzen“, erklärt Kunsttherapeutin Sophie Firle. „Die Kinder haben dadurch Erfolgserlebnisse. Sie machen sich bewusst, was ihnen wichtig ist und was ihre Stärken sind.“
Schon in den Eröffnungsrunden fallen den Kindern viele Stärken, Fähigkeiten und Dinge ein, auf die sie stolz sind – wie z.B. besonders gute Fähigkeiten im Zeichnen oder Rechnen, die Freude an ihren Haustieren oder ihr gutes Verhältnisse zur Oma. Die 7jährige Sana aus Syrien zählt ihre persönlichen Schätze auf: „Meine Eltern, mein Bruder und unser neues Baby, das bald auf die Welt kommen wird.“ Ihr gefällt es gut in Deutschland und besonders die Schule mag sie sehr, aber sie vermisst ihre Großeltern.
Und dann dürfen die Kinder mit Wasserfarben malen, mit Speckstein, Keramiplast und Sand arbeiten und neue Materialen und Techniken entdecken, die sie aus dem Kunstunterricht noch nicht kennen. Ihre Schatzkisten füllen sie mit Bildern, einem Traumfänger, um böse Träume fernzuhalten, einem Glücksbringer aus Speckstein und Erinnerungen. „Es herrschte teilweise richtig ausgelassene Stimmung, wenn sich die Kinder ausgetauscht und erzählt haben. Und im nächsten Moment waren sie hochkonzentriert bei der Arbeit“, berichtet Vincenz Schüle. „Die Kinder schienen sich jede Woche wieder auf das Projekt zu freuen, obwohl dafür manchmal der geliebte Sportunterricht ausfallen musste.“
Klassenlehrerin Birte Koob, die für das Kunstprojekt sogar ihre freie Zeit geopfert hat, berichtet: „Alle waren mit Freude und sehr eifrig bei der Sache, das war unglaublich schön zu sehen. Mir hat die Begleitung dieses Projektes ebenfalls viel Spaß gemacht, weil ich die Kinder so von einer anderen Seite und noch viel besser kennenlernen durfte.“
Bei der abschließenden Frage, was ihnen in den in den Wochen am meisten Spaß gemacht hat, ist die Antwort der Kinder einstimmig: „Alles!“ Jonas, 8, aus Kolumbien, betont, dass er besonders das gemeinschaftliche Basteln mit Freunden und die schöne gemeinsame Zeit genossen hat.
Das Projekt konnte dank einer Ausnahmegenehmigung gerade noch regulär beendet werden. Inzwischen hat der Kreis mitgeteilt, dass nach Einschätzung des Gesundheitsamtes in der aktuellen Situation vorerst keine Präventionsprojekte mehr stattfinden sollten.
Das Projekt wurde dankenswerterweise finanziert durch die Kroschke Kinderstiftung, die Bürgerstiftung VR Bank in Holstein und den Lions Club Elmshorn Audita.