Aktuelles

Berufsschüler mit Migrationshintergrund lassen einen Phantasie-Garten entstehen – Kunstaktion zur Interkulturellen Woche in Elmshorn

Konzentriert klebt die 16jährige Lama eine große Blume mit Blütenblättern in verschiedenen Blautönen zusammen. „Mir gefällt die bunte Farbe. Die Pflanzen erinnern mich an meine Heimat – da gab es so viele verschiedene Blumen. Ich vermisse meine Heimat.“ Die 16jährige stammt aus Syrien und ist vor zweieinhalb Jahren mit ihren Eltern nach Deutschland gekommen, währen der Rest der Familie noch in Syrien lebt. Auf die Frage, was sie selbst wachsen und gedeihen lässt, sagt sie sofort: „Ich will weiterlernen, vielleicht studieren und später in einer Apotheke arbeiten oder so.“

Die 17 Jugendlichen und Jungerwachsenen von der Beruflichen Schule des Kreises Pinneberg setzen sich bei der diesjährigen Kunstaktion im Wendepunkt mit der Natur auseinander. Sie stellen sich die Frage, welche Wurzeln sie haben, was sie brauchen, um zu wachsen und sich zu entfalten – und wie sie über Unterschiede hinweg zusammenwachsen können.

Auf großen Papierbögen entstehen nach und nach die verschiedensten Pflanzen aus Seidenpapier – und dann wird in einem nächsten Schritt daraus ein gemeinsamer Garten. Mit Insekten, Tieren, Sonne, Erde und Wasser. Auch ein großes rotes Herz findet sich.

Die Schüler*innen kommen u.a. aus der Ukraine, Afghanistan, Syrien, Albanien und Moldawien. Sie können sich untereinander soweit möglich nur auf deutsch verständigen, aber die Zusammenarbeit klappt prima, und sie unterstützen sich auch ohne Worte.

Ihre Lehrerin Annette Uffmann freut sich, dass alle so konzentriert dabei sind. „Zum Teil entstehen hier richtige Kunstwerke. Für manche ist es einfach ein großer Spaß, andere nehmen es sehr ernst.“ Sie findet die Aktion toll und will mit ihrer Klasse im Anschluss nochmal in Ruhe darüber sprechen, dass ihnen im Wendepunkt auch bei der Verarbeitung von hochbelastenden Erfahrungen und Traumatisierungen geholfen werden kann. Denn: „Therapeutischen Bedarf haben hier, glaube ich, einige.“

Für Jugendliche, die sich in einem fremden Land in völlig neuer Umgebung zurechtfinden müssen, ist es wichtig, sich mit ihren Wurzeln und ihrem eigenen Ich und den eigenen Ressourcen auseinanderzusetzen. Der kunsttherapeutische Ansatz ist ideal, um Sprachbarrieren zu überwinden und Emotionen auszudrücken.

Kerstin Riedel-Walsemann, Integrationskoordinatorin der Stadt Elmshorn, hat sich die Projektarbeit angeschaut und ist begeistert: „Hier in diesem geschützten Raum findet ein tolles kreatives Angebot statt. Ich bedanke mich ganz herzlich beim Wendepunkt, der jetzt schon seit Jahren so etwas auf die Beine stellt.“

Der 17jährige Yassin aus Afghanistan erinnert sich noch sehr gut an den wunderschönen Garten seiner Oma – voller Bäume und Blumen. „Ich vermisse meine Heimat, aber da ist Krieg. Heute lebst du, morgen nicht.“ Deshalb gefällt ihm das ruhige Leben hier, wie er sagt. Er träumt davon, Mechatroniker zu werden. Oder doch Profi-Fußballer.