Wendepunkt e.V. Newsletter Juli/2023
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Liebe Mitglieder und Kolleg*innen, liebe Freunde und Freundinnen des Wendepunktes,
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was gibt es Neues bei uns im Wendepunkt? Wieder viel Spannendes - vor den Sommerferien ein kleiner Überblick über unsere Arbeit und besondere Ereignisse aus den letzten Monaten.
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Unsere Themen diesmal:
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- Unsere Arbeit in Brokstedt nach der Messerattacke - NDR und SAT.1 berichten
- Grade-Stiftung spendet 5.000 Euro für Präventionsarbeit gegen sexuelle Gewalt
- Sechs Kinder, viele Pferde und eine Schatzsuche - Reitaktion auf dem Gestüt Tannenhof
- "Etwas mit den eigenen Händen zu tun, ist das Beste, was von Problemen ablenken kann" - Kunstprojekt mit DaZ-Schüler*innen
- Online-Fortbildungsreihe "Ein Schutzkonzept für unsere Schule!"
- Die Sendunge DAS! vom NDR stellt die Arbeit des Wendepunktes vor
- "Herabsetzung der Strafmündigkeit ist das falsche Signal" - Diskussionsbeitrag
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Unsere Arbeit in Brokstedt nach der Messerattacke – NDR und SAT.1 berichten
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Zum Prozessauftakt gegen den mutmaßlichen Attentäter hat das „Schleswig-Holstein Magazin“ einen Blick auf die Versorgung der Betroffenen und die anhaltenden psychischen Belastungen geworfen und ein weiteres Mal mit Sascha Niemann, unserem Leiter des Traumazentrums, gesprochen. Hier der Link zu dem Beitrag:
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Das Morgenmagazin von SAT.1 hat ebenfalls ein Interview mit Sascha Niemann geführt:
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Unmittelbar nach der Tat standen Niemann und seine Kolleg*innen der Interdisziplinären Trauma-Ambulanz Westholstein für die Versorgung der (unmittelbar) Betroffenen bereit. Sie haben mit Jugendlichen, die an dem Tag mit im Zug saßen, Schüler*innen, die die Todesopfer kannten, Angehörigen sowie Lehrkräften, die Hilfe im Umgang mit Trauer und Schock in ihren Klassen suchten, gearbeitet und waren an einigen Schulen vor Ort. Zwischenzeitlich wurde sogar eine kostenlose Offene Sprechstunde in Brokstedt eingerichtet.
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Einige Betroffene haben die Ereignisse noch längst nicht losgelassen. „Was viele berichten – auch welche, die nicht direkt beteiligt waren waren, ist, dass dieses allgemeine Sicherheitsgefühl massiv erschüttert ist. Gerade hier im Ländlichen ist die Frage: wie kann so etwas hier passieren? Da braucht es einfach ganz viel Zeit, um wieder Sicherheit herzustellen“, berichtet Niemann.
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Der Prozessbeginn ruft die Ereignisse wieder frisch ins Gedächtnis und kann dazu führen, die Wunden aufzureißen. Er bietet aber auch Chancen. „Für Einige ist es wichtig, dem Täter auch wirklich in die Augen zu schauen und dieses erstmal nicht Verständliche irgendwie greifbar zu machen und ein Gesicht dazu zu bekommen“, berichtet Niemann. „Aber es gibt auch andere, die sagen, nein, ich möchte auf keinen Fall damit konfrontiert werden und ich möchte auch den Täter nicht sehen.“
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Grade-Stiftung spendet 5.000 Euro für Präventionsarbeit gegen sexuelle Gewalt
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Über 15.500 Fälle von sexuellem Kindesmissbrauch wurden im vergangenen Jahr bundesweit gemeldet – und das ist nur das sogenannte Hellfeld. Experten gehen davon aus, dass das Dunkelfeld vermutlich 18mal so groß ist.
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Umso wichtiger ist die Präventionsarbeit, um Kinder und Jugendliche zu stärken und zu stützen. „Sexueller Missbrauch findet häufig im nahen Umfeld der Kinder und Jugendlichen statt. Das macht es für die Betroffenen besonders schwer, darüber zu reden und sich Hilfe zu holen. Es ist wichtig, den Kindern beizubringen, ihre eigenen Gefühle und Grenzen wahrzunehmen, und sie stark zu machen, damit sie sich trauen, sich an Vertrauenspersonen zu wenden“, erklärt Dirk Jacobsen, Geschäftsführer des Wendepunktes. „Wir freuen uns sehr, dass die Grade-Stiftung unsere Präventionsarbeit gegen sexuelle Gewalt auch in diesem Jahr wieder großzügig unterstützt. Dadurch können wir Projekte an Schulen durchführen, die sonst nicht möglich wären.“
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Die Präventionsprojekte werden angeboten für Grundschulen in den 4. Klassen und für weiterführende Schulen in den 6. bis 8. Klassen. „Wir sprechen mit den Kindern und Jugendlichen altersgemäß viel über persönliche Grenzen, Gefühle, gute und schlechte Geheimnisse. Was ist ok – und welches Verhalten fühlt sich nicht gut an, wo darf ich nein sagen und wo kann ich mir Hilfe holen?“ Bianca Tietz ist Leiterin des Fachbereichs Prävention im Wendepunkt und führt mit ihrem Team die Projekte in den Klassen durch.
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Im vergangenen Jahr haben sie 67 Projekte im Kreis Pinneberg angeboten, in diesem Jahr schon 32. Die Projekte werden begleitet durch ein Fachgespräch mit den Lehrkräften und einen Elternabend. Denn es ist wichtig, dass den Kindern und Jugendlichen Erwachsene zur Seite stehen, die ihnen zuhören, die aufmerksam sind und die sie stärken.
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Die Angebote werden überwiegend durch freiwillige Zuschüsse einzelner Städte und Gemeinden im Kreis Pinneberg finanziert – die aber oft nicht ausreichen. Deshalb ist die Unterstützung durch Spenden wichtig.
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Die Martha & Heinz Ulrich Grade-Stiftung hat seit ihrer Gründung im Jahr 2001 zahlreiche Projekte im Kreis Pinneberg gefördert, mit denen Kindern und Familien geholfen wird, und unterstützt seit vielen Jahren die Arbeit des Wendepunktes. „Unser Ziel ist es, die Kinder im Kreis Pinneberg zu stärken. Wir unterstützen sehr gerne die wichtige Präventionsarbeit des Wendepunktes, damit es möglichst gar nicht erst zu Gewalterfahrungen kommt“, sagt Angelika Grade-Schielein, Vorsitzende der Stiftung.
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Die Projekte werden jeweils in Doppelleitung durchgeführt und nach einem gemeinsamen Teil am Ende nach Geschlechtern getrennt. „Dann können die Kinder und Jugendlichen uns Fragen stellen, was auch stark wahrgenommen wird. Es wird viel über Grenzverletzungen geredet – und bei den Älteren geht es um die sozialen Medien, um Bilder, die ungefragt verschickt werden, Kontakte mit Fremden über das Internet“, berichtet Bianca Tietz.
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Wenn Kinder oder Jugendliche schon Gewalterfahrungen machen mussten, dann können sie sich an die Beratungsstelle gegen sexuelle Gewalt des Wendepunktes wenden.
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Foto: Dirk Jacobsen, Angelika Grade-Schielein, Bianca Tietz
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Sechs Kinder, viele Pferde und eine Schatzsuche – Reitaktion auf dem Gestüt Tannenhof
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Wir haben mit sechs Kinder aus unseren Erziehungshilfen einen tollen Ausflug zum Reiterhof gemacht, der viele Eindrücke hinterlassen hat. Nach der Ankunft auf dem Gestüt gab es im Reiterstübchen erstmal eine Einführung, bei der auch die Kinder ihr Wissen über Pferde mitteilen konnten. Erstaunlich, wieviel davon bereits vorhanden war und wie stolz sie darauf waren, dieses Wissen teilen zu können! …
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"Etwas mit den eigenen Händen zu tun, ist das Beste, was von Problemen ablenken kann." – Kunstprojekt mit DaZ-Schüler*innen
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„Alles hat mir gefallen – ich war glücklich hier.“ Ein schöneres Feedback können wir von den Jugendlichen, mit denen wir arbeiten, gar nicht bekommen! Das bestätigt unsere Arbeit und macht uns dankbar, dass wir sie machen dürfen.
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Wir haben ein Kunstprojekt mit einer Gruppe aus DaZ-Schüler*innen (Deutsch als Zweitsprache) an der Caspar-Voght-Schule in Rellingen durchgeführt. In vier Doppelstunden haben wir mit den 10 Schüler*innen aus der Ukraine, Afghanistan und Syrien gebastelt und gemalt. Unter Anleitung von Kunsttherapeutin Sophie Firle und Sozialpädagoge Vincenz Schüle vom Wendepunkt entstanden jeweils ein Talisman, ein Traumfänger, ein Dosenlicht und ein Bild vom Wohlfühlort auf Leinwand. Die Jugendlichen waren mit viel Engagement, Konzentration und Spaß dabei.
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Die Gegenstände stehen für verschiedene Wege, mit traumatischen Erfahrungen umzugehen, sie einzuordnen und zuzulassen. Wichtig ist dabei, nach belastenden Erfahrungen wieder handlungsfähig zu werden. Gerade hier setzt die kunsttherapeutische Arbeit an. Die Jugendlichen werden dabei unterstützt, auf kreative Weise eine Auseinandersetzung mit sich und den eigenen Ressourcen zu führen. Sprachbarrieren können überwunden werden und die Kinder und Jugendlichen erfahren neue, zugängliche Formen, sich (kreativ) auszudrücken. Im gestalterischen Prozess erleben sie sich als handelnd und produktiv und machen dadurch ressourcenstärkende und stabilisierende Erfahrungen.
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Anne Koschwitz, DaZ-Lehrerin der Schule, berichtet: „Die Art, wie die Kinder dahingebracht wurden, einer Angst zu begegnen und sie handhabbar zu sehen, ist das Entscheidende. Die Kinder konnten sich gut einfinden und gaben auch als Rückmeldung, dass sie sich geborgen gefühlt hätten.“
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Das zeigten dann auch die Feedbackbögen: "Etwas mit den eigenen Händen zu tun ist das Beste, was von Problemen ablenken kann." "Ich möchte nochmal machen Traumfänger, das ist sehr schön." "Zusammen Reden hat Spaß gemacht. Und all die Aufgaben. "
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"Das ganze Projekt hat mir wirklich gut gefallen, vor allem konnte man sich mit Lehrer und Lehrerin wohl und gut fühlen."
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Online-Fortbildungsreihe „Ein Schutzkonzept für unsere Schule!“
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Schutzkonzepte sind in der pädagogischen Landschaft in aller Munde, und seit 2021 gibt es auch eine gesetzliche Verpflichtung zur Umsetzung an Schulen. Aber was bedeutet das eigentlich und wie geht das genau? Wir wollen Sie dabei unterstützen, ein gutes und nachhaltiges Schutzkonzept zu entwickeln! Die achtteilige Webinar-Reihe richtet sich explizit an Grund- und weiterführende Schulen in Schleswig-Holstein. Zu der Schulungsreihe …
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Die Sendung DAS! vom NDR stellt die Arbeit des Wendepunktes vor
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Die Gefahren durch das Internet und die sozialen Medien für Kinder und Jugendliche -
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die Sendung DAS! des NDR hat sich im Mai mit diesem Schwerpunkt beschäftigt.
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Dabei wurde in einem Beitrag die Arbeit des Wendepunktes vorgestellt. Hier der Link zur NDR Mediathek:
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In dem Beitrag berichtet Bianca Tietz, Leiterin des Fachbereichs Prävention, über die Arbeit in den Schulen zum Thema Umgang mit den Medien. In den Projekten geht es zum einen darum, die Kinder und Jugendlichen für die Gefahren und Risiken zu sensibilisieren. Zum anderen werden die Jugendlichen auch darauf aufmerksam gemacht, dass sie sich durch das Teilen und Weiterleiten bestimmter Bilder und Videos auch strafbar machen können.
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Mit den Folgen eines solchen Umgangs mit dem Internet beschäftigt sich unser Team der Ambulanten Rückfallprophylaxe. Hier wird unter anderem mit sexuell übergriffigen Minderjährigen und jungen Erwachsenen gearbeitet. Bernd Priebe, Leiter des Fachbereichs, betont in dem Beitrag, dass es bei seiner Arbeit darum geht, den jungen Menschen zu verdeutlichen, dass ihre Taten verurteilt werden, aber nicht sie als Menschen. Und dass ihnen die gemeinsame Arbeit dabei helfen kann, ihr Verhalten in der Zukunft zu verändern.
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In der Sendung ist die Schulleiterin und Autorin Silke Müller zu Gast. Sie ist die erste Digitalbotschafterin Niedersachsen und warnt, dass viele Eltern keine Ahnung davon haben, was sich auf den Handys ihrer Kinder alles abspielt.
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Hier der link zur kompletten Sendung:
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"Herabsetzung der Strafmündigkeit ist das falsche Signal“ – Diskussionsbeitrag
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Angesichts der erschreckenden aktuellen Fälle von Jugendgewalt in Heide und Freudenberg wird aktuell über die Herabsetzung der Strafmündigkeit diskutiert – auch in der Landesregierung in Kiel.
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Bernd Priebe, unser Fachbereichsleiter der ambulanten Rückfallprophylaxe, hat sich in einem Interview mit shz online klar dagegen ausgesprochen. „Kinder ins Gefängnis zu stecken oder auch nur vor Gericht zu ziehen, ist genau der falsche Weg. Die Forschung zeigt uns relativ klar, dass Strafen bei Jugendlichen eine kontraproduktive Wirkung haben. Oder anders gesagt: Wenn wir junge Menschen heranziehen wollen, die eine gefestigte kriminelle Karriere einschlagen, dann stecken wir sie am besten in den Knast.“
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Bernd Priebe arbeitet in der Hamburger Beratungsstelle des Wendepunktes mit sexuell auffälligen Minderjährigen und jungen Erwachsenen – die Jüngsten sind zwischen zehn und zwölf Jahre alt. Der studierte Theologe, Sexualpädagoge und Supervisor sagt, dass eine gerichtliche Verurteilung oder gar ein Gefängnisaufenthalt jungen Menschen, die noch mitten im Entwicklungsprozess stecken, noch viel mehr zusetze als Erwachsenen. Wenn Kinder eine Straftat begehen, führe das ja auch jetzt schon zu Konsequenzen, betont Priebe – das Jugendamt greife ein, die Kinder würden oft aus den Familien genommen, kämen in Therapien oder spezielle Einrichtungen. „Aber lediglich auf Strafe zu setzen, wie das im Gefängnis passiert – das führt nicht zu sinnvollen Ergebnissen. Es ist viel sinnvoller zu fragen, warum ein Kind Grenzen verletzt – und wie man am besten eingreifen kann, um dafür zu sorgen, dass es das nicht nochmal macht.“
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Das Problem der Jugendkriminalität ist laut Priebe sehr komplex, und es müsste auf unterschiedlichen Wegen klar gegengesteuert werden. „Es gibt keine einfache Lösung, wie wir Gewalt aus der Welt schaffen können, sonst hätten wir es längst getan. Wenn wir das Problem in den Griff bekommen wollen, ist es u.a. wichtig, die Eltern zu unterstützen, für Chancengleichheit zu sorgen und auch beim Thema Kinderarmut anzusetzen.“
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Wir hoffen, dass viele interessante Themen dabei waren und wünschen Ihnen und Euch einen schönen Sommer!
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Mit herzlichen Grüßen aus dem Wendepunkt!
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